Peter Høeg - Poet aus Dänemark

Hodge 301

Selbst den Menschen, den man liebt, wird man nie ganz verstehen.

Peter Høeg

 

Zum Wegweiser auf der kosmischen Reise

 

 

Peter Høeg berührt mit seinen Büchern unser Innerstes, er vermittelt Unausprechliches. Jenseits literarischer und stilistischer Zwänge und Maßstäbe schreibt der Däne mit einer feinen Einfühlsamkeit zwischen den Zeilen Weltliteratur. Sein emotional beeindruckender Roman "Fräulein Smillas Gespür für Schnee" machte ihn bekannt und ist auch als Kinofilm ein Erlebnis für alle Sinne.

Ausgewählte Zitate aus Høegs Werk:

 

 

Vorstellung vom zwanzigsten Jahrhundert

Niemand hatte ihr je erzählt, dass der nächstliegende Ort für die Suche nach Liebe und Anerkennung hier ist, genau hier, wo wir stehen, und deshalb fiel es ihr nicht ein.

Christoffer sah seine Tochter mit leerem Blick an. Er hatte Frauen nie begriffen ... Dass ein Mensch sich über seine Umgebung erhaben fühlen konnte, ging über seinen Verstand.

... Weihnachten ..., wo wir Geld ausgeben, das wir nicht haben, um Dinge zu kaufen, die wir nicht brauchen, um damit Eindruck auf Menschen zu machen, die wir nicht leiden können.

... der gemeinsame Hass auf die Vorgesetzten und die derbe Kameradschaft, der stinknormale dänische Soldatenkameradentraum von unserer allgemeinen Wehrpflicht beim überflüssigen, stupiden, in jeder Beziehung lächerlichen Militär, ...

... Schachtelhäuser ..., die aussahen wie Monumente, die man errichtet hat, um den rechten Winkel und die idiotische Mitverantwortung der Architekten für die Einsamkeit der Großstadt zu feiern.

 

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Von der Liebe

Alle Suchenden müssen das Falsche vom Wahren trennen, weshalb sie mit der glatten Lüge ebenso vertraut sind wie mit der Vernunft.

Mit dem letzten Satz hatte er seine Stimme wieder unter Kontrolle, trotzdem hing nun im Salon ein überempfindliches Schweigen, wie es einer plötzlichen Blöße folgt.

"Die Wahrheit über einen Menschen erfährt man aus seiner Maske." (Der General)

"Ich fange an zu glauben, dass dieser Kontinent (Anm.: Afrika), im Gegensatz zu Europa, nichts zu verbergen hat." (David)

Von dem Mädchen auf dem Stuhl in der Ecke ging eine Autorität aus, die über jeden Zweifel erhaben war und jede Frage überflüssig machte.

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Da begannen sie zu begreifen, dass ihre Heimatlosigkeit vielleicht nicht im Raum, sondern in der Zeit lag. Dass sie vielleicht in einem anderen Jahrhundert zu Hause waren als in dem, in das sie hineingeboren worden waren.

Ohne dass sie ein Wort gewechselt hätten, schlugen ihre Gedanken die gleiche Richtung ein und bewegten sich gemeinsam weiter.

In Dänemark sind sich alle einig, dass das große Rätsel die Verschiedenheit ist ... Für mich ... ist das anders ... Für mich besteht das große Geheimnis in der Frage, weshalb so viele im Gleichschritt gehen, mein Rätsel ist das Rätsel der Disziplin.

"Wir sollten", sagte der Mohammedaner, "unsere Kräfte nicht mit Fragen vergeuden, auf die es keine Antworten gibt ..."

Neid setzt Verwandtschaft voraus ... Es würde einem doch nicht einfallen, Jesus am Kreuz um seine guten Repliken zu beneiden, oder?

Propheten sind über den Neid erhaben, denn sie bezahlen für ihre Würde einen fürchterlichen Preis.

Ihr Gesicht war verdreht in dem Wunsch zu beschleunigen und zugleich zurückzuhalten.

"Eine Geschichte kann unwahr sein. Aber die Geschichte und ihr Erzähler zusammen sind immer wahr." (Rumi)

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Die visionären Entdeckungen werden immer die Trägheit der Geschichte gegen sich haben. Doch sie haben die Zeit auf ihrer Seite.

Das Wesen des Spiels ist Akzeptanz.

"Du bist ein Narr!" sagte sie zornig. "Vor dem Menschen, den wir lieben, sind wir alle Narren", erwiderte der Junge.

"Für einen leidenschaftlichen Menschen ist die Liebe ein Labyrinth. Jeder Weg gleicht einem Ausweg, und doch führen sie alle zum Zentrum zurück." (Charlotte)

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"Wer es für notwendig hält, etwas zu verbergen, kann nicht Gott sein ... Das gleiche gilt natürlich ... für den Teufel." (Georg von Austen)

Symbole sind nie unverständlich oder geheimnisvoll. Sie leuchten aufgrund ihrer Durchsichtigkeit, weil sie reiner sind als die Welt, die sie umgibt.

Und die größte Enthaltsamkeit von allen ist: nicht zu vergeben.

"Europa könnte man als einen Ort beschreiben, an dem die größte Bedrohung des Menschen von ihm selbst ausgeht ..." (Der Inder)

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In dem Augenblick, in dem wir die Welt betrachten, beginnt sie sich zu verändern.

 

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Fräulein Smillas Gespür für Schnee

Manche Leute meinen vielleicht, ich sei eitel. Das will ich eigentlich nicht abstreiten. Ich kann ja auch Gründe dafür haben. (Smilla)

Mir geht es mit der Einsamkeit wie anderen mit dem Segen der Kirche. Sie ist für mich ein Gnadenlicht. Ich mache nie hinter mir die Tür zu, ohne mir bewusst zu sein, dass ich damit für mich eine Tat der Barmherzigkeit vollbringe. (Smilla)

Die Trauer ist ein Geschenk. Etwas, um das man sich verdient machen muss.

Als in den dreißiger Jahren allmählich die ersten größeren Ladungen von Grönländern nach Dänemark kamen, schrieben sie mit als erstes nach Hause, die Dänen seien Schweine, sie hielten Hunde im Haus.

Das Gespräch nähert sich dem Ende, ohne in Gang gekommen zu sein. Wie so viele Gespräche zuvor und danach.

Es ist immer interessant, Europäer der Stille zu überlassen. Für sie ist sie eine Leere, in der die Spannung steigt und ins Ungewisse wächst.

Verstehen wollen heißt, dass wir etwas zurückzuerobern versuchen, was wir verloren haben.

Nur wenige Menschen können zuhören. Ihre gehetzte Eile zieht sie aus dem Gespräch heraus, ... oder sie überlegen sich ihren Auftritt für den Moment, in dem man selber die Klappe hält, damit sie sich nun ihrerseits in Szene setzen können.

Schnee lesen ist wie Musik hören. Das Gelesene beschreiben heißt, die Musik schriftlich erklären.

Jede theoretische Erklärung ist eine Reduzierung der Intuition.

Nichts ist so entwaffnend wie die Hellhörigkeit.

Kein Mensch kann einem anderen etwas versprechen.

Ich telefoniere nicht gern. Ich will sehen, mit wem ich rede.

Es stimmt nicht ganz, dass Telefongespräche die schlechteste Kommunikation sind, die es gibt. Mit einer Gegensprechanlage sind wir dem Rekord doch noch ein bisschen näher.

Mich bezaubern Leute, die noch mit achtzig strenge Auflagen erfüllen.

Mein Dasein beruht auf den kleinen Freuden.

Wenn ein Spitzname hängenbleibt, dann deshalb, weil er eine tiefere Wahrheit eingefangen hat.

Man muss den langsamen Menschen alle Zeit der Welt lassen.

Man kann eine Depression auf verschiedene Weise zu kaschieren versuchen ... Das ist der europäische Weg. Darauf zu hoffen, dass man sich aus dem Problem herausarbeiten kann. Ich nehme den grönländischen Weg. Der besteht darin, dass man in das schwarze Loch hineingeht. Seine Niederlage unter das Mikroskop legt und bei diesem Anblick verweilt.

Kinder können jemanden, den sie nicht mögen, erinnern, aufheben und erfrieren lassen.

Wenn physische Gewalt in einer Beziehung lange Zeit nur latent da ist, kann es manchmal geradezu erleichternd sein, wenn man zu ihr vorstößt.

Menschen, die verliebt sind, ... machen alles, was die Glut, die sie wärmt und zugleich verbrennt, entfachen kann.

 

Smilla und die Zahlen

"Weißt du, was hinter der Mathematik steckt? Hinter der Mathematik stecken die Zahlen. Wenn mich jemand fragen würde, was mich richtig glücklich macht, dann würde ich antworten: die Zahlen. Schnee und Eis und Zahlen. Und weißt du warum?

Weil das Zahlensystem wie das Menschenleben ist. Zu Anfang hat man die natürlichen Zahlen. Das sind die ganzen und positiven. Die Zahlen des Kindes. Doch das menschliche Bewusstsein expandiert. Das Kind entdeckt die Sehnsucht, und weißt du, was der mathematische Ausdruck für die Sehnsucht ist?

Es sind die negativen Zahlen. Die Formalisierung des Gefühls, dass einem etwas abgeht. Und das Bewusstsein erweitert sich immer noch und wächst, das Kind entdeckt Zwischenräume. Zwischen den Steinen, den Moosen auf den Steinen, zwischen den Menschen. Und zwischen den Zahlen. Und weißt du, wohin das führt? Zu den Brüchen. Die ganzen Zahlen plus die Brüche ergeben die rationalen Zahlen. Aber das Bewusstsein macht dort nicht halt. Es will die Vernunft überschreiten. Es fügt eine so absurde Operation wie das Wurzelziehen hinzu. Und erhält die irrationalen Zahlen.

Es ist ein Wahnsinn. Denn die irrationalen Zahlen sind endlos. Man kann sie nicht schreiben. Sie zwingen das Bewusstsein ins Grenzenlose hinaus. Und wenn man die irrationalen Zahlen mit den rationalen Zahlen zusammenlegt, hat man die reellen Zahlen.

Es hört nicht auf. Es hört nie auf. Denn jetzt gleich, auf der Stelle, erweitern wir die reellen Zahlen um die imaginären, um die Quadratwurzeln der negativen Zahlen. Das sind Zahlen, die wir uns nicht vorstellen können. Zahlen, die das Normalbewusstsein nicht fassen kann. Und wenn wir die imaginären Zahlen zu den reellen Zahlen dazurechnen, haben wir das komplexe Zahlensystem. Das erste Zahlensystem, das eine erschöpfende Darstellung der Eiskristallbildung ermöglicht. Es ist wie eine große, offene Landschaft. Die Horizonte. Man zieht ihnen entgegen, und sie ziehen sich immer wieder zurück. Das ist Grönland, und das ist es, ohne das ich nicht sein kann! Deshalb will ich mich nicht einsperren lassen."

Ich werde immer missbilligen, wenn Erwachsene den Druck der Liebe, den sie nicht haben loswerden können, an kleinen Kindern auslassen. (Smilla)

Man hat so selten die Möglichkeit, sich einem Menschen zu erklären. In der Regel muss man darum kämpfen, zu Wort zu kommen.

"Wenn man das Irdische begrenzt, macht man das Denken für das Geistige frei." (Elsa Lübing)

Jeden Spaziergang muss man gehen, als sei er alles, was man noch vor sich hat.

Wenn man ... Ball spielt, gibt es manchmal diesen Augenblick, dass man sich ohne ein Wort sofort versteht.

Es kommt mir so vor, als hätte ich ihn schon einmal gesehen. Dieses Gefühl fügen mir Gesichter und Orte immer öfter zu.

"Ich schlage vor, dass sie sofort kommen." (Andreas Fine Licht) - Ich spürte eine Stichflamme der Irritation. Manche Leute lernen es nie, Befehle entgegenzunehmen.

In dem Moment, wo man das Fremde begreift, verliert man den Drang, es zu erklären. Ein Phänomen erklären heißt, sich davon entfernen. Wenn ich anfange, mit mir selber oder anderen über Qaanaaq zu reden, habe ich fast wieder verloren, was nie richtig mein gewesen ist.

Wie jetzt auf dem Sofa, wo ich Lust habe, ihm zu erzählen, weshalb ich an die Eskimos gebunden bin. Dass es mit ihrer Fähigkeit zu tun hat, ohne jeden Zweifel zu leben in dem Wissen, daß das Dasein sinnvoll ist. Dass es mit der Art und Weise zu tun hat, wie sie in ihrem Bewusstsein mit unvereinbaren Gegensätzen leben, ohne an deren Widersprüchen zugrunde zu gehen oder nach vereinfachenden Lösungen zu suchen. Dass es mit ihrem kurzen, kurzen Weg zur Ekstase zu tun hat. Weil sie einem Mitmenschen begegnen und so sehen können, wie er ist, ohne zu bewerten und ohne ihren klaren Blick durch Vorurteile trüben zu lassen.

Es gibt nur einen Weg zur Furchtlosigkeit. Nämlich den, der in das rätselhafte Zentrum der Angst hineinführt.

Im Laufe eines jeden Lebens bietet sich die Möglichkeit einer Klärung.

In diesem Augenblick wird es so deutlich wie seit meiner Kinderzeit nicht mehr, dass die Wahlfreiheit eine Illusion ist, dass uns das Leben durch eine Reihe bitterer, unfreiwillig komischer, sich wiederholender Konfrontationen mit den Problemen führt, die wir nicht gelöst haben.

Smilla Qaavigaaq Jaspersen ... reiste meine Mutter nach Westgrönland und brachte von dort den Frauennamen Millaaraq nach Hause ... einigten sie sich auf Smillaaraq, das auch das dänische Wort smil für >Lächeln< enhielt ...

Nichts ist so grotesk wie die in der dritten oder vierten Welt praktizierte kalte europäische Höflichkeit.

Ich sagte nichts. Ich erprobte an Bernard Jakkelsen das Schweigen. Er erträgt es sehr schlecht. Selbst jetzt, wo er seine Laune nicht gegen sich hat, spürt man die versteckte Nervosität.

In Qaanaaq fanden wir Armbanduhren hübsch. Einige Robbenfänger trugen sie als Schmuck. Aber wir dachten nicht im Traum daran, uns danach zu richten ... In Qaanaaq richten wir uns nach dem Wetter ... Wir richten uns nach den Tieren. Nach der Liebe. Dem Tod. Nicht nach einem Stück Blechmechanik.

Ich war gerade Anfang Zwanzig. In dem Alter kann man mit größerem Selbstvertrauen lügen - sich sogar selbst belügen.

Das Dumme am Tod ist nicht, dass er die Zukunft verändert, sondern dass er uns mit unseren Erinnerungen allein zurücklässt.

Gefühle müssen klar fließen, um sich nicht zu verwirren.

Er betrachtet mich mit der gemächlichen, brutalen Zufriedenheit, die das Gefühl der körperlichen Überlegenheit manchen Männern gibt.

Ich verliebe mich nicht mehr. So wie mich auch der Frühjahrskoller nicht mehr erwischt. Aber man kann natürlich von der Liebe überfallen werden ... Das ist keine Verliebtheit. Dafür sehe ich zu klar. Verliebtheit ist eine Art Irrsinn. Eng verwandt mit dem Hass, mit der Kälte, mit dem Groll, dem Rausch, dem Selbstmord.

Zu dem vorstoßen, was man soll. Vielleicht ist es das, was mir Jesaja gegeben hat. Was einem jedes Kind geben kann. Das Gefühl von Sinn.

Europäer brauchen leichte Erklärungen. Sie ziehen jederzeit eine eindeutige Lüge einer widersprüchlichen Wahrheit vor.

Die Sehnsucht nach der Vergangenheit war damals in Thule ein völlig neues Gefühl. Sentimentalität ist die erste Revolte des Menschen gegen den Fortschritt.

Es sind die Entscheidungen, die das Leben schwer machen. Wer gezwungen ist, immer vorwärts zu gehen, hat es einfach.

Man hatte uns dazu erzogen, die Tiefe zu respektieren, die im Wahnsinn liegen kann.

Solange man jung ist, glaubt man, der Sex sei der Gipfel der Vertrautheit. Später entdeckt man, dass das gerade mal ein Anfang ist.

Doch das alte grönländische Totenreich scheint mir einiges für sich zu haben. Wenn man sich anschaut, mit welchen Unwahrscheinlichkeiten man im Leben zu tun hat, ist es unwahrscheinlich, dass das aufhört, wenn man tot ist.

Eine Grenze, wir haben alle ein Grenze. Unsere Ausdauer hat Grenzen. Man kann nicht beliebig oft versuchen, sich dem Leben zu nähern. Nicht beliebig viele Zurückweisungen ertragen.

Naivität hat etwas Sympathisches. Bis sie verführt wird. Dann ist sie nur noch deprimierend.

Die Vergangenheit ist ein Luxus, den wir uns nicht mehr erlauben können.

Jesaja hatte manchmal etwas in seinem Blick, ein Wissen, das älter war als sein Alter, älter als das Alter von irgend jemandem, eine tiefe Einsicht in die Erwachsenenwelt. Tørg ist diesem Blick begegnet. Es gibt andere Anklagen als die, die ein Gericht erheben kann.

Körperlicher Schmerz ist im Vergleich zum Schmerz in der Seele papierdünn und nebensächlich.

Es gibt einen Schlaf, der schlimmer ist als Schlaflosigkeit.

Auf einem Schiff kreuzt man ununterbrochen seine eigenen Spuren. Wie im Leben.

Und wie immer, wenn ein Erwachsener durchsichtig wird, tritt das Kind hervor.

So habe ich die Welt erlebt, seit ich Grönland verlassen habe. Als eine Kette aus Zwängen.

 

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Der Plan von der Abschaffung des Dunkels

"Wenn ich spreche, sollt ihr zuallererst auf die Pausen hören, die ich mache. Sie sagen mehr als meine Worte." (Biehl)

Meldet sich während eines Experimentes ein Schmerz, ... sollte man nie unterbrechen und sich von ihm entfernen. Sondern statt dessen sollte man das Licht der Aufmerksamkeit auf ihn richten.

Ganze Tage, die wegfallen, und kurze Augenblicke, die werden wie die Ewigkeit.

Beten heißt etwas gestehen, einräumen, dass man Hilfe braucht.

Richten und bewerten ... Wenn man lobt, dann richtet man auch. Und dann tut man etwas, das eine tiefe Wirkung hat.

Das meint man wohl noch immer, es ist in der Gesellschaft recht verbreitet. Dass es gut ist, bewertet zu werden.

Das Kind hatte ... nur darum gebeten, gesehen zu werden. Doch sie bekam eine Bewertung. "Wie tüchtig du bist." Es ist keine böse Absicht, wenn man Leute bewertet. Man tut es nur, weil man selbst so oft getestet worden ist.

Jesus war nach der Ewigkeit gefragt worden. Und er hatte auf das Hier und Jetzt verwiesen.

Ich sagte nicht viel, das war auch nicht notwendig ... Sie hörte alles, auch das, was ich nicht sagen konnte.

Um die Erwachsenen hat sich die Zeit gelegt, mit ihrer Hast, ihrem Ekel, ihren Ambitionen, ihrer Bitterkeit und ihren langfristigen Zielen. Sie sehen uns nicht mehr richtig, und was sie sehen, haben sie fünf Minuten später wieder vergessen.

Für sie war es so wichtig zu wissen. Man würde ihr nie begreiflich machen können, dass es ab und zu eine größere Hilfe sein kann, nicht zu wissen.

Ich sagte, dass ich sie liebte ... Sie antwortete nicht. Doch das war auch nicht nötig. Ich hatte gegeben, ohne eine Gegenleistung zu brauchen.

Man kann stillsitzen und zuhören und dem anderen auf diese Weise zeigen, dass es in Ordnung ist, was er sagt. Er wird nicht beurteilt werden.

Und die Sinne sind keine passiven Empfänger der Wirklichkeit, sie verarbeiten sie; was wir erfassen, ist stark verarbeitet.

Zeitgefühl und Sprache gehören untrennbar zusammen.

Es war lange hell gewesen, und obwohl es jetzt dunkel war, war das Licht nicht verschwunden, sondern gleichsam eingehüllt in die Nacht.

 

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Die Frau und der Affe

Zehn Jahre vor ihren Altersgenossinnen wusste sie, dass es nutzlos ist, über Dinge zu reden, die man nicht ändern kann.

In dem Augenblick, in dem wir begreifen, dass wir etwas verloren haben, in dem das Verlangen blutet und das Bewusstsein noch nicht geronnen ist, steht die Bedeutung des Verlorenen am deutlichsten vor uns.

Der Affe war beim Essen. Er aß konzentriert, egoistisch, wie sie selbst es sich immer erträumt hatte, ... ohne Höflichkeit, jedoch mit der Furchtlosigkeit, die von Anfang an wie eine Frage an sie gewesen war, eine Frage, die, das ging ihr jetzt auf, gelautet hatte: Wie möchtest du wirklich sein? Und auf diese Frage hatte ihr Innerstes geantwortet: Ich möchte - auf eine Art - sein wie du.

"Es gibt kein Draußen mehr. Wenn es noch eine Freiheit gibt, muss sie drinnen zu finden sein." (Madelene)

Aus dem Schutz, den Hoffnungen und Tagträume gewähren, herauszutreten ist nicht angenehm.

Einen Augenblick waren die beiden Frauen einander nahe, wie es geschieht, wenn man es für Momente aufgibt, auf seinen privaten Masken zu bestehen.

"Wir unterscheiden uns von den Tieren nicht durch die Sprache oder die Intelligenz. Wir unterscheiden uns, weil wir uns direkt in die Augen sehen können." (Dr. Firkin)

"Erwachsen ist man erst, wenn man frei ist." (Madelene)

Madelene verspürte den Auftrieb, den man bekommt, wenn man spricht und einem jemand zuhört, fühlte ihn wie einen warmen thermischen Aufwind. Sie breitete die Flügel aus und hob ab.

Erasmus gab Madelene während ihrer Zeit im Garten nie das geringste Versprechen. Menschliche Liebende versichern einander ununterbrochen, dass sie und ihre Liebe leben, sich wohl befinden und dass sie noch immer durch eine warme Nabelschnur miteinander verbunden sind. Das kam ihm einfach nicht in den Sinn. Und mehr noch. Sie selbst wollte es auch nicht.

"Tiere laufen weg, um sich unsichtbar zu machen. Das ist eine gute Methode. Das ist etwas, was wir alle lernen müssen. Aber es gibt auch noch eine andere Methode: Wenn man versteht, was kommt, braucht man nicht wegzulaufen. Dann kann man stehenbleiben, ganz in der Nähe, und doch unsichtbar sein. Weil man weiß, wo man stehen muss." (Erasmus)

"Wenn wir zum Fluss gehen, um zu trinken, dann kommt manchmal, dann kommt recht oft die Sonne. Obwohl wir gar nicht deswegen gekommen sind. Wenn man das Kleine sucht, findet man zuweilen das Große." (Erasmus)

"Wenn man versucht, zu schnell viel zu erfahren, vernichtet man das, worüber man etwas wissen will." (Erasmus)

Selbst den Menschen, den man liebt, wird man nie ganz verstehen.

 

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Das stille Mädchen

Dann erkannte er das Mädchen. Zeitgleich mit dem Wiedererkennen trat die Stille ein.

Talent ist die Fähigkeit, die Spreu vom Weizen zu trennen.

Selbst im System eines geübten Lügners ruft die Lüge ein feines Schnarren hervor.

Es geschah etwas im Raum, die Temperatur fiel, die Anzahl der Schwingungen sank, alles erstarrte.

Die spirituellsten Menschen stehen den Tieren am nächsten. (Martin Buber)

Gott soll man bei den Tieren suchen. (Meister Eckhart)

Er lauschte der Müdigkeit, sie strebte aus allen Richtungen gleichzeitig heran. In dem Augenblick, in dem er ihre Tonart bestimmen wollte, kristallisierte sie und ging in Schlaf über.

In der Schweiz ist Steuerbetrug kein Verbrechen. Eher eine religiöse Tugend.

Die großen Krankheiten beginnen jenseits des Physischen.

Er lauschte der Tragik, welche die meisten Menschen umlagert. Dem Geräusch all dessen, das werden könnte und nie wird.

Ausschließlich auf sich selbst beruhende Autorität ist selten.

Er verstand, dass die Sehnsucht zuweilen größer ist als der Mensch. Und der Mensch zugrunde geht, wenn man sie stoppt.

Vielleicht gibt es gar keinen Tiefpunkt. Vielleicht gibt es nur einen ewigen Fall.

"Nicht Hammerhiebe, sondern der Tanz des Wassers rundet den Kiesel zur Schönheit."
(Rabindranath Tagore)

Die Frage kam aus dem tiefsten Innern. Wenn Menschen aus dieser Tiefe fragen, muss man antworten.

Wer ohne Stolz ist, ist unverwundbar.

Er lehnte sich zurück. Betete. Im Stillen. Synchron mit dem Herzschlag ... Er begegnete seiner Erschöpfung ... Und er begegnete dem naturwidrigen Trost des Gebets.

Berührung hilft nichts, wir erreichen uns ja doch nie.
Und trotzdem -

Die Anwesenheit von Kindern wirft immer einen legitimierenden Schein auf Erwachsene.

Er blickte auf das Unmögliche hinunter ... Dort unten waren keine Erwachsenen. Es gab keinen dominanten Klang in der Gruppe. Es waren elf Kinder. Und das Spiel war vollkommen harmonisch.

Familien hatte er immer anders aufgefasst, als die Leute es normalerweise tun, was er hörte, war ihre ausgewogene Intensität. Wie die Goldbergvariationen, es war nie eine Musik zum Einschlafen gewesen. Die wirklichen Möglichkeiten einer Familie lagen nicht in der Geborgenheit, nicht in der Monotonie, nicht in der Voraussagbarkeit. Die wirklichen Möglichkeiten lagen darin, dass es zeitweise keine Fronten gab, keine Masken, keine Vorbehalte, plötzlich hatten alle den Gehörschutz abgesetzt, es war still, man konnte die anderen so hören, wie sie waren. Genau deshalb hatte Bach keine Zeit verloren und sich bald eine Frau genommen und ausreichend Kinder gezeugt, um damit einen Kammerchor auf die Beine zu stellen.

Sie sprach, als kennten sie sich schon lange. Sie sprach wie eine große Schwester. Tödlich unumwunden.

Er hatte die Orientierung verloren, äußerlich und innerlich.

Vielleicht bedeutet Gebet nicht unbedingt, zu jemandem zu beten. Vielleicht ist es eine aktive Methode aufzugeben.

Die Liebe zum Fremden birgt die Liebe zu Christus.

Nun war die Höflichkeit plötzlich weg. Das ist eine der Aufgaben des Clowns. Auch die dunklen Seiten des Jetzt zu erlösen.

Die Ausweglosigkeit tönt in d-Moll. Es war Mozart, der die Entdeckung machte. Und sie entwickelte. Im Don Giovanni. Rund um den Steinernen Gast. Vor Mozart hatte es immer einen Ausweg gegeben. Immer hatte man Gott um Hilfe anflehen können. Mit Mozart beginnt der Zweifel am Göttlichen.

Verallgemeinerungen haben einen unmenschlichen Anstrich.

Vor den großen Greueln und den großen Wundern sind wir machtlos. Die h-Moll-Messe und die großen Kriege, da kann der einzelne nichts tun.

"Es gibt zwei Arten Stille", sagte Kasper, "so kam es mir jedenfalls immer vor. Die hohe Stille, die hinter dem Gebet. Die Stille, wenn man dem Göttlichen nahe ist. Die Stille, welche die verdichtete, ungeborene Anwesenheit allen Lichts ist. Und dann gibt es die andere Stille. Hoffnungslos weit entfernt von Gott. Und von anderen Menschen. Die Stille der Abwesenheit. Die Stille der Einsamkeit."

Wir sehen das Überraschende nicht, wenn es als Alltag verkleidet zu uns kommt.

Böse Persönlichkeiten gibt es nicht. Jede Persönlichkeit hat basal betrachtet einen mitfühlenden Klang. Es sind die Stellen, an denen unsere Menschlichkeit Löcher hat, wo wir nicht widerhallen, die Stellen sind gefährlich. Dort, wo wir das Gefühl haben, wir stünden im Dienste einer höheren Sache. Dort müssen wir uns fragen, ob die Sache wirklich so hoch ist. Das ist unser wunder Punkt. In anderen Kulturen nennen sie es Dämonen. Uns fehlt das Wort dafür. Aber ich kann es hören. Es ist Kriegslärm. Kollektive Wut.

Was Kasper hörte, war Müdigkeit. Keine vorübergehende Erschöpfung. Sondern eine Müdigkeit, die zwanzig oder dreißig Jahre alt war. Er hatte sie bei einigen großen Zirkusdirektoren gehört, die etwas anderes und mehr wollten, als nur Geld zu verdienen. Es war die Müdigkeit eines Menschen, der nicht nur einen Job hat, sondern eine Mission und der sich von ihr hat auffressen lassen. Und der nun, langsam, von innen ausbrannte.

Die Überraschung des Beamten hätte nicht einmal mit einem Oszillographen registriert werden können, er zuckte nicht mit der Wimper. Aber Kasper hörte sie.
   Normalerweise hätte Mørk nicht geantwortet; nur wer dichthält, schwimmt oben. Aber so kurz vorm großen Gewinn ist es so gut wie unmöglich, hermetisch zu bleiben.

Kasper nickte. Der Klang seines Gegenübers war klar, ohne Schleier. Sie waren dort angekommen, wo sie die ganze Zeit hinwollten.

Mørk richtete sich auf.
"Stirbst du uns weg?" fragte er.
Kasper horchte. Nicht auf seinen Körper, sondern nach außen und oben, der Tod kommt von außen.
Er schüttelte den Kopf.

Schmerz ist nie ausgereizt, nach oben hin gibt es keine Grenze.

Wenn man es darauf anlegt, den weiblichen Instinkt zu provozieren, ist es wichtig, nicht zu übertreiben.

"Ungeachtet dessen, wie nah man sich kommt", sagte sie, "man erreicht sich nie, auch jetzt nicht. Sogar jetzt noch, in dem, was wir hier tun, gib es noch eine Stelle, an der man allein ist."

"Die Einsamkeit", sagte sie. "Warum sollte sie nicht die Erlaubnis haben dürfen, auch hier zu sein?"

Die Kehrseite des Respekts ist eine unnötige Distanz.

Die Erfahrung gemacht zu haben, dass wir in einer Illusion leben, dass die Welt in Wirklichkeit nicht aus Stoff, sondern aus Klang besteht, ist nicht leicht.

"Mein Grundtrauma", sagte er, "ist, dass man dem Weiblichen nicht trauen kann. Frauen wollen immer etwas anderes als Liebe. Vielleicht unsern Körper. Oder unsere Berühmtheit. Unser Geld."

Trotz alledem war sie natürlich gewesen. Natürlich auf die Art, die die wilden Tiere mit Bachs Musik gemein haben. Eine Natürlichkeit, durch die es einem nicht im Traume einfällt, eine Note zu ändern, weil es gar nicht anders sein kann. Wirkliche Freiheit ist die Befreiung davon, eine Wahl treffen zu müssen. Weil alles perfekt ist.

Maximillian Krone hatte sich zurückgelehnt und sich auftun lassen, ohne je danke zu sagen, die Würdigung wohnte der Situation selbst inne.

Er hatte entdeckt, dass im Universum der Ton jedes Menschen den Zugang zu allen anderen Tönen erlaubt.

Der Hochstapler in uns allen, er liebt das Internet.

Jeder von uns trägt seine eigene Wirklichkeit mit sich herum. Mit nur sehr wenig Kontakt zur Wirklichkeit der anderen.

Die Stimmung im Raum war magisch. Wirkliche Vertrautheit ist immer flüchtig.

Kasper hörte ihre Sehnsucht. Man kann sie bei allen Menschen hören. Aber bei den meisten ist sie in den Hintergrund getreten. Sie war plötzlich ganz davon erfüllt.

Kein Widerhall im System des Gegenübers. Kein Sinn für Humor. Was die Arbeit des Clowns erschwert. Aber nicht weniger wichtig macht.

Er wollte mit der Frage das System des anderen knacken, es gelang, Kasper fing an, ihn zu hören, es war kein schöner Ton.

Es gibt zwei Arten von Furchtlosigkeit. Die erste ist die Furchtlosigkeit der Liebenden, die Furchtlosigkeit der Mystiker, der Mut der Kunst der Fuge, der daraus entsteht, dass man sich ganz geöffnet und vollständig hingegeben und nichts zurückgehalten hat, und jetzt strömt die Welt in einen hinein und erfüllt einen, und man weiß, man hat das alles nicht nur geliehen bekommen, sondern wird es nie mehr verlieren.
   Der Mut des Mannes war ein anderer. Er entsteht daraus, dass man die Quelle gefunden und sie ein für alle Mal verschlossen und damit wertlos gemacht hat, so dass man immer die Ruhe bewahrt, selbst wenn das Leben auf dem Spiel steht, weil im Grunde nichts zu verlieren ist.

Im selben Augenblick, in dem die Worte ausgesprochen waren, hörte Kasper die Liebe erscheinen. Keine weltliche Liebe, keine Sehnsucht, kein Verlangen nach Sex oder Geld, das ist traumhaft schwach, verglichen mit dem Klang, der von diesem Mann eine Sekunde lang ausging. Es war die Sehnsucht der Sehnsüchte, das Begehren des Göttlichen, das er hörte.

Es war eine Welt, die einen Augenblick lang offenstand. Ein Kontinent. Mitten auf der Straße. Vor den verlassenen Kanälen und verfallenen Häusern. Es war der Wahnsinn derer, die an der großen Stille genippt haben und keine weiteren Tropfen davon bekommen. Kasper dachte an den Heiland.
   Kasper betrachtete Ernst. Er wusste, dass er Aspekte dieses besonderen Gefühls erlauschte, das ein spirituell vollendeter Mensch bei seinen Verehrern weckt, selbst wenn dieser Mensch ein Kind ist.

Es war die Trauer derer, die sich an ihrer eigenen tiefsten Sehnsucht vergangen haben.

Eine Liebe, die nicht erwidert wird, kann große Tiefe haben.

Liebe hat etwas mit Wiedererkennen zu tun. Vom Unbekannten können wir fasziniert sein, es kann uns reizen, aber Liebe ist ein Gewächs, das langsam, in einem Ambiente der Vertrautheit, größer wird.

"Für den, der betet", sagte sie, "nimmt die Anzahl auffälliger Zufälligkeiten zu."

"Ich ging zu ihr. Alle anderen waren wie gelähmt, ich war der einzige, der sich bewegte. Ich hörte ihren Klang. Ihr Körper war tot. Aber ihr Klang war lebendig. Er war nicht unglücklich. Er war vergnügt. Es war kein Unfall. Nicht aus höherer Sicht. Aus höherer Sicht hatte sie bloß eine bestimmte Tür geöffnet. An und für sich die beste Tür, die es gibt." (Kasper)

Für immer sind wir in ein Gewebe aus Tönen und Herzgefühlen eingesponnen, für dieses Gewebe macht es im Grunde keinen Unterschied, ob die Menschen lebendig sind oder tot.

Sein Körper fühlte sich lahm an. Eine alte Lähmung. Die daher kommt, von Frauen manipuliert zu sein. Nicht nur in diesem Leben, sondern schon in vielen Leben davor.

"Damals wussten wir, dass man die großen Dinge nicht für sich allein haben kann. Wenn einer hungert, spüren alle andern den Hunger auch. Mit dem Glück ist es das gleiche. Privates Glück gibt es nicht. Oder Freiheit. Wenn sie nicht frei ist, bin ich's auch nicht. Sie könnte ebensogut ich sein. Vielleicht ist das Liebe." (Kasper)

Wenn die Liebenden sich ernsthaft einander nähern, werden sie dazu gedrängt, das andere Geschlecht in sich selbst zu erforschen. Auf der anderen Seite der Reise erwartet sie die große Liebesbegegnung.

Das Gebet ist ein Papierschiffchen der Wachheit auf dem weltlichen Strom der Müdigkeit.

Er sah sich um. Die Äbtissin war nicht im Raum. Sie musste irgendwo in ihm stecken. Vielleicht im Herzen. Es war keine Stimme, die er hörte, sondern die Überzeugung. Dass er seinen Schwung verbraucht hatte. Er würde nicht wiederkommen.

Er justierte das Gebet. Das einzige, worauf man sich verlassen konnte. Gemeinsam mit der Liebe. Und auf die auch nur mit Abstrichen.

Wenn man erst einmal auf den Gedanken gekommen ist, dass einen nur noch der Herrgott selbst überraschen kann, hat man sich in gewisser Weise verwundbar gemacht.

Es ist diese Form der Neunmalklugheit, die uns Menschen Grenzen setzt und unsere Empfänglichkeit für das wirklich Wunderbare hemmt.

Kasper merkte, dass er in die Zukunft lauschte. Er hörte einen Vorgeschmack dessen, was wir zu erwarten haben, wenn Afrika in Kürze die Geduld verliert und sich erhebt.

Die beiden Kinder umgab eine Konzentration, die Kasper bei Kindern nie vernommen hatte. Ja, kaum bei Erwachsenen.

Er lachte innerlich. Ein stilles, privates Lachen. Er empfand keine Angst mehr. Man kann einem Menschen vieles nehmen, aber nur bis zu einem gewissen Grad. Dann ist er frei.

Sowohl Franz von Assisi als auch Ramana Maharshi hatten gesagt, dass der Erleuchtete die Welt als Irrenanstalt ansieht, während die geschlossenen Anstalten auf ihn erfrischend normal wirken können.

Es ist das Besondere an Worten. Allein ihre Lautqualität aktiviert einen Teil der Wirklichkeit, den sie benennen.

Alles, was verschwiegen wird, lagert sich an der Peripherie der jeweiligen Situation ab, wie ein Trauerrand unreinen Klangs. Der Raum erzitterte vom Ungesagten.

Vorsorglich ließ er sich rücklings in sein Gebet sinken. Es gibt nichts, was das Göttliche nicht ertrüge.

 

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Die Kinder der Elefantenhüter

Ich hatte, als alles noch hell war, vergessen herauszufinden, was eigentlich von Dauer ist, worauf man sich wirklich verlassen kann, wenn es anfängt, dunkel zu werden.

Worauf ich dich aufmerksam machen möchte, sind die Sekunden, bevor einem die Einzigartigkeit der Situation aufgeht und man zu denken anfängt.
   Denn sobald die Gedanken kommen, ist man wieder im Käfig.

Das Gefängnis, um das es sich hier handelt, ist unser aller Leben und die Art, wie wir es führen. Dieses Gefängnis ist nicht nur aus Stein gemauert, es ist aus Worten und Gedanken gemacht. Und wir helfen mit, es ständig zu errichten und in Schuss zu halten, das ist das Schlimmste.

Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit.

Es gibt Menschen, die nehmen ein wenig Tageslicht mit, wenn sie gehen.

Mit dem Wort Liebe sollte man vorsichtig sein ... Aber hier muss ich es benutzen, es ist das Einzige, das passt. Wenn dies der Fall ist, geht die Tür leise auf, und die Chance ist da, einen Schimmer der Freiheit zu erahnen.

Wenn man erst einmal einen Blick dafür hat, wenn man sich bloß einen Moment lang in die Liebe versenkt, vergisst man es nicht mehr.

Alle Menschen können ihre Energie verdichten. Aber den meisten ist das nicht klar, es überrascht sie selbst; als Gefühl der Begeisterung oder als Jähzorn oder als plötzliche Erkenntnis ... normalerweise hat man darüber keine Kontrolle.

Ein paar Sekunden lang stehen wir da, ohne uns zu rühren. Und lauschen der Stille. Obwohl sie ja keinen Ton von sich gibt. Es ist wie mit der glücklichen Kindheit. Sobald man daran denkt, geht sie verloren. Man soll nur lauschen. Auf das, was kein Geräusch macht.

Ich fühle mich in eine andächtige Stimmung versetzt, denn ich kann große Spieler erkennen, wenn ich sie sehe. Hier sind gleich zwei mit von der Partie.

Es ist unheimlich, wie schnell das Leben aus einem Haus weicht, das verlassen ist.

Aus dem Zimmer meiner Mutter dringt jenes Vibrieren, das in jedem Raum zu fühlen ist, in dem ein Flügel steht.

Es ist sehr wichtig, dass du die Dinge klarer siehst. Denn sonst begreifst du vielleicht nicht, dass die Fähigkeit, aus dieser eingeschlossenen Wirklichkeit einen Weg ins Freie zu finden, nicht nur Halbgöttern oder anderen unvergleichlichen Menschen vorbehalten ist. Sondern auch sympathischen und beliebten, zugleich aber vollkommen durchschnittlichen Typen wie dir und mir.

Wenn jemand einem etwas zeigen will, besonders etwas Entscheidendes, und man spüren kann, dass er dafür brennt, dann muss man wachsam sein. Denn dann ist das Risiko groß, dass etwas nicht stimmt.

Gedanken bewegen sich nur in bekannten Bahnen, und wir suchen nach dem Unbekannten.

Im Grunde tragen wir in uns einen Abdruck aller anderen Menschen.

Bis auf den Grund zu kommen ist nur wenigen beschieden.

"Sie sind Elefantenhüter ... ohne es zu wissen."
   Wir wissen alle, was sie damit meint. Sie meint, dass Mutter und Vater etwas in sich haben, das viel größer ist als sie selbst, etwas das sie nicht kontrollieren können, und zum ersten Mal können wir Kinder es ganz deutlich erkennen: Sie wollen wissen, was Gott wirklich ist, sie wollen Gott begegnen ... Und nicht nur Vater, auch Mutter lebt in erster Linie dafür, das ist die Sehnsucht, die ihren Augen die Wehmut verleiht, eine Sehnsucht, groß wie ein Elefant, und wir erkennen, dass sie nie richtig erfüllt wurde ...
   Wir haben etwas gesehen, das wir nicht vergessen können. Wir haben ihre inneren Elefanten gesehen.

Der tiefste Grund, warum Leonora Reichtum und Berühmtheit abgelehnt hat, als die Headhunter sie locken wollten, sei das Interesse an dem, was im Innersten der Menschen vor sich geht. Und Sex und verschlüsselte digitale Information sind zwei Wege, die ins Innerste führen.

Wenn man vor einer großen, aber verwickelten und nicht ungefährlichen Möglichkeit steht, kommt man mit Denken nicht weit. Stattdessen soll man fühlen, und wir fühlen nach innen, dorthin, wo die großen Ideen herkommen.

Es muss getan werden, was alle Weisen gesagt haben: Kein spiritueller Fortschritt ohne unerbittliche Ehrlichkeit.

Genau dann, wenn man verschnauft und sich auf seinen Lorbeeren ausruht, kann die normale Wirklichkeit sehr dünn sein und die Tür ganz in der Nähe.

Wie gesagt ist es nicht ungewöhnlich, dass man am Anfang der großen spirituellen Reise nach innen ziemlich oft auf eine Idee stößt. Am besten sollte man die Idee dann loslassen und untersuchen, woher sie kommt.

Dieser Augenblick ist still. Aber man soll das Stille nicht unterschätzen.

Ich weiß nicht, ob du je einen Maserati gesehen hast, aber falls nicht, kann ich dir sagen, das ist ein Auto für Menschen, die von Natur aus Exhibitionisten sind, aber gleichzeitig gerne zeigen möchten, dass sie zu bescheiden sind, um ihren Mantel aufzuknöpfen. Kurzum, es ist ein Fahrzeug, das von all dem, das nicht vorgezeigt wird, von innen heraus zu explodieren droht.

Sei wachsam, denn die Liebe kann in derartigen Verkleidungen kommen, dass du sie manchmal kaum erkennst.

Wenn man sich den tiefsitzenden Dingen im Menschen zuwendet, wird der gesunde Menschenverstand ausgeschaltet.

Wieder einmal stehen wir vor einem Exempel, dass das gewöhnliche Denken aussetzt, sobald man ohne Umschweife das Innerste im Menschen anspricht.

Es ist nicht wahr, dass Liebe blind macht, wirkliche Liebe macht sehend.

Die größte und am weitesten verbreitete von allen Religionen, das ist und bleibt die Selbstherrlichkeit.

Entwicklung allein reicht nicht, man muss auch schauen, wo die Reise hingeht.

Nur etwas ist gewagter als die Begründungen für die Gesetze der Weltreligionen, das sind die Begründungen dafür, dass man sie bricht.

Es besteht immer das Risiko, dass Menschen, denen man zu einem besseren Selbstwertgefühl und zu einer besseren Ökonomie verholfen hat, sich eines Tages plötzlich erheben und patzig werden.

    Über das Sterben:
    Es wird plötzlich klar, dass Tilte und Hans und ich nicht für immer zusammen sein werden. Die Sache mit Aschanti und Hans hat es in Gang gesetzt, aber es hat nicht nur mit Sich-Verlieben zu tun. Mit einem Mal fühlt man nämlich auch, dass wir irgendwann ans Ende unserer Tage kommen werden, dann stirbt erst einer und dann die anderen.
       Wahrscheinlich wirst du jetzt sagen, na und, alle Menschen wissen doch, dass sie sterben werden. Das stimmt schon, aber normalerweise weiß man das nur mit dem Kopf. Dass man sterben muss, ist nie hier und jetzt, es ist etwas, das in der Zukunft liegt und so weit entfernt, dass man es beinahe nicht sehen kann und deshalb auch nicht ernst nehmen muss.
       Aber in diesem Augenblick ist es plötzlich hier und nun.
       Ich weiß, dass du das Gefühl auch kennst, alle haben es schon erlebt. Ich weiß nicht, woher es kommt. Aber ich betrachte Hans' Hand, wie sie auf der Stuhllehne liegt, sie ist groß und eckig auf eine bestimmte Weise und immer braungebrannt, und plötzlich verstehe ich, dass ein Tag kommen wird, an dem diese Hand mich nicht mehr umfassen und emporheben wird, so dass ich die Welt von oben sehen kann.
       Ich sehe zu Tilte hinüber. Ihr Gesicht ist dunkelbraun von der Sonne, obgleich wir doch erst April haben, das hat sie von Mutter geerbt. In Tiltes Gesicht gibt es kein bestimmtes Alter, man kann oft nicht sagen, ob sie sieben oder sechzehn oder sechzehnhundert Jahre alt ist, denn ihre Augen scheinen ständig eine sehr lange Zeit zu überblicken. Und dann diese Neugier, sie will von anderen Menschen alles wissen, und die Freundlichkeit, obwohl von der scharf geschliffenen und groben Sorte, ihre Freundlichkeit ist so groß, dass sie nur von Urgroßmutter übertroffen wird, und die hat fünfundneunzig Jahre gehabt, um zu ihrer jetzigen Form aufzulaufen.
       Irgendwann werde ich ein allerletztes Mal in diese Freundlichkeit und die gleichsam müden Augen schauen, das wird mir jetzt bewusst. Und das Herz wird mir immer schwerer, als wäre das allerletzte Mal schon da.
       Aber dann geschieht etwas, das so still und unsichtbar ist, dass niemand es bemerkt. Ich bleibe nämlich sitzen, das ist es, ich gehe von der Trauer und der Angst nicht weg.
       Normalerweise kann man es nicht ertragen. Es ist schlimm genug, mit dem Kopf zu wissen, dass man sterben muss, aber es im Herzen zu fühlen, ganz wirklich, das hält der Mensch gewöhnlich nicht aus. Ich auch nicht, ich bin nicht mutiger als du. Aber wenn man eine Schwester hat, mit der man den Weg zur Tür hin ansatzweise erforschen und mit tiefschürfenden theologischen Studien im Netz und in der Finøer Bücherei ergänzen konnte, dann kommt der Zeitpunkt, wo man es nicht mehr aushalten kann, die Augen zuzumachen und Schwarz zu tragen, und für mich ist dieser Zeitpunkt offenbar jetzt gekommen.
       Das heißt, ich mache dem Gefühl in all seiner Schrecklichkeit gewissermaßen Platz. Wenn man das tut, erscheinen zunächst Bilder des Todes, aus irgendeinem Grund sehe ich mich selbst als ersten sterben. Ich sehe es leibhaftig vor mir, ich liege in einem Bett, und Hans und Tilte nehmen von mir Abschied.
       Keine Ahnung, woher diese Bilder kommen, denn mit vierzehn ist es schwer, sich an etwas Bestimmtem sterben zu sehen, aber vielleicht sterbe ich an meinen Trainingsverletzungen, wenn man auf so hohem Niveau wie in der ersten Manschaft des Finø Boldklub spielt, hat das seinen Preis.
       Obwohl es nicht ganz wahr ist, wenn ich ehrlich sein soll, denn mit meinen Verletzungen brauchte ich zum Beispiel auf der Intensivstation des Krankenhauses Finø gar nicht erst anzukommen, dafür konnte ich mir nichts kaufen, denn über Blutgrätschen bin ich immer hinweggetanzt wie ein Elfenmädchen über Maiglöckchen, ich hatte nie etwas Ernsteres als einen leichten Muskelfaserriss. Wo also das Bild meines eigenen Dahinsiechens herkommt, weiß ich nicht, aber ich sehe mich zu Hans und Tilte Lebewohl sagen und sie umarmen und ihnen danken, weil ich sie kennenlernen durfte, und ich sehe ein letztes Mal auf Hans' eckige Hände und in Tiltes Freundlichkeit hinein, und dann blicke ich in das Gefühl zu sterben selbst.
       Tut man dies, wird es noch wirklicher. Es ist, als geschähe es hier und jetzt, in der Luxussuite am Kopenhagener Hafen, mitten am helllichten Tag bei greller Sonne.
       Ich versuche mich nicht mit einer Rettung in letzter Sekunde zu trösten. Ich tröste mich nicht damit, dass sicher einfach nur das Licht gelöscht wird oder Jesus auf mich wartet oder Buddha oder wer auch immer mit breitem Lächeln und einer Aspirin vortritt und erzählt, dass es schon nicht so schlimm wird. Ich stelle mir gar nichts vor, ich spüre bloß den Abschied, dem keiner entkommen kann.
       Genau in dem Augenblick, in dem man fühlt, dass man tatsächlich alles verlieren wird, dass absolut nichts übrig bleibt und man sich also auch an nichts festhalten kann, geschieht etwas. Ich kenne das, es ist irgendwie ganz unbedeutend und unauffällig, weshalb es auch so schwer zu entdecken ist. Man sollte es sich am besten von einem anderen zeigen lassen, mir wurde es von Tilte gezeigt, und jetzt sag ich's dir: In dem Augenblick taucht ein Schimmer von Glück und Freiheit auf. Es gibt nichts, das sich verändert, man sitzt, wo man die ganze Zeit gesessen hat, und keiner ist einem zu Hilfe gekommen, keine Seraphim oder Engel oder Huris oder heilige Jungfrauen oder sonst ein himmlicher
    Support. Man sitzt einfach da und sieht in die Tatsache hinein, dass man sterben muss, und merkt, wie sehr man die liebt, die man verlieren soll, und dann geschieht es: Einen ganz kurzen Augenblick ist es, als verginge die Zeit nicht. Oder eher: als gäbe es sie nicht. Als wären die Langelinie und Kopenhagen und Seeland ein Zimmer in einer Schale, und einen kurzen Moment lang ist die Schale weg, mehr passiert nicht, das Gefühl der Angst und des Eingesperrtseins ist weg, und man spürt die Freiheit. Man spürt, dass es eine bestimmte Art und Weise gibt, auf der Welt zu sein, dieser Welt, die nicht sterben soll und wo man keine Angst hat, denn das eigentliche Gefühl der Freiheit verschwindet nie. Natürlich sterben Hans und Basker und Tilte und ich selber und mein extraordinärer Fußballkörper. Aber etwas gibt es, für das man keine Worte hat, an dem man aber Anteil hat und das nie stirbt: das Gefühl der Freiheit.
       Ich weiß, dass ich in diesem Moment in der Tür stehe. Und eigentlich ist es keine Tür, denn eine Tür ist ein Ort, aber dies hier ist überall. Es gehört keiner Religion an, es verlangt nicht, dass man an etwas glaubt oder etwas anbetet oder irgenwelche Regeln befolgt. Es verlangt nur drei Dinge: Dass man sein Herz spürt. Dass man einen Augenblick lang bereit ist, alles zu akzeptieren, auch das ungerechte Detail, sterben zu müssen. Und dass man ganz still stehen bleibt, einen Augenblick, und den Ball ins Tor rollen sieht.
       Genau das erlebe ich hier und jetzt, in der Zweiraumwohnung im fünften Stock.
       Und Tilte sehe ich an, dass das, was in ihr vorgeht, meinem Gefühl sehr nahe kommt. Während ich bei Hans nicht ganz so sicher bin, zurzeit sind seine Geistesgaben begrenzt, ich bezweifle, dass er Raum für eine Offenbarung hat, alles deutet darauf hin, dass ihn die Sängerin völlig ausfüllt.
       Es dauert nur einen Augenblick, und der ist wie gesagt sehr diskret, man würde keine Ansichtskarte schreiben deswegen, hier gibt's weder Fest noch Farben. Nur das Wissen, dass sich plötzlich Freiheit und Erleichterung eröffnen, wenn man in das Gefühl, sterben zu müssen, direkt hineinsieht.
       Das Gefühl ist da, und dann ist es weg.

Fußball ist auf gewisse Weise ein spiritueller Weg, bei dem man mit seinen Mitspielern ein Gemeinschaftsbewusstsein trainiert und Konzentration und One-Pointed-Präsenz und die Herzenseinheit, wenn man nur eine Sache will.

Darüber kann man nichts anderes sagen, als dass unter allen Dämonen der Weltreligionen die Eifersucht die Mannschaftsführerin ist und bleibt.

Wenn man sich im Innern verändert, verändert sich auch die Umgebung. Und umgekehrt.

Lass das Herz dort, wo die Natur es hingesetzt hat.

Unsere Eltern haben mir ... niemals Alkohol angeboten, das ist das erste Mal, und man weiß warum. Weil jedes Mal, wenn Erwachsene einen Korken ziehen oder einen Bierverschluss abhebeln, sie das Gebrüll aus dem Abgrund in ihnen selbst vernehmen, aber glauben wollen, das Geräusch komme von den Kindern. Also das hier ist tief.

Und da merke ich dann, dass noch ein Gast da ist, er hat sich hinter mich gesetzt. Es fühlt sich so leibhaftig an, dass ich mich umdrehe, aber da sitzt niemand. Da wird mir klar, es ist die Einsamkeit. Umgeben von guten Freunden ... fühle ich mich trotzdem vollkommen verlassen und allein.

Dann lege ich den Arm um die Einsamkeit, zum ersten Mal merke ich nämlich, dass es ein Mädchen ist. Und zum ersten Mal in meinem Leben höre ich auf, mich zu trösten, um mir das Einsamkeitsmädchen vom Leibe zu halten.

Ich spüre, dass gegen die Einsamkeit, die ich hier im Arm halte, selbst die Geliebte nichts ausrichten kann.

Ich verschiebe meine Aufmerksamkeit. Vom Dunkel der Nacht zum Licht der Sterne ... Meine Aufmerksamkeit ist auf die eine Seite gerichtet, auf die Einsamkeit. Aber ich gehe zur anderen Seite. Vom Gefühl der Einsamkeit zu dem, was darum herum ist. Vom Eingesperrtsein in mir selbst, in den Sorgen und Freuden ... verlagere ich die Aufmerksamkeit auf das, worin die Inseln schwimmen.

Es gibt Momente, in denen ein Mann allein sein muss.

Gnade ist eines der Wörter, die man mit Samthandschuhen anfassen soll und auch nur, wenn es kein geringeres tut. Trotzdem trifft es dieses Wort als einziges. Das Dasein ist nämlich so eingerichtet, dass sich sogar Typen wie Kaj Molester Hoffnung machen können, dass die natürliche bergab gehende Richtung ihres Lebens von einem Kreuzweg unterbrochen wird. Und am Ende des neuen Wegs, der sich einen Augenblick lang öffnet, liegen zarte, gewagte, aber auch verfeinerte Möglichkeiten.

 

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Miteinander - Wie Empathie Kinder stark macht

Je besser unser Kontakt zu uns selbst ist, desto tiefer kann unser Verständnis für andere sein.

Die globalen Krisen haben ihre Ursachen in einer Krise des Miteinander, des gegenseitigen Verständnisses auf internationaler Ebene..

Das, was eine Gesellschaft gleichsam trägt, erfordert … nicht nur ein äußerliches, stoffliches Gleichgewicht der Ökosysteme, sondern in gleichem Maße auch ein persönliches Gleichgewicht. Ein persönliches Gleichgewicht, dem eine uns selbst tragende innere Haltung entspricht, die den Raubbau an unserem Selbst verhindert.

Die Schlussfolgerung … ist …, dass Kinder und Erwachsene gleichermaßen mehr als alles andere Unterstützung darin benötigen, ihr Vermögen, in sich zu ruhen, zu stärken. Und das kann man üben.

Zum einen glauben wir …, dass man Kindern auf ihrem Weg in die Welt der Erwachsenen besser helfen kann, als es heutzutage oft geschieht. Zum anderen wendet sich unser Buch auch an das innere Kind in uns. Jeder Erwachsene, der darauf hinarbeitet, seine Selbstsicherheit zu stärken und sein Gespür für die Mitmenschen zu vertiefen, wird auch – und zwar für immer – einen Kontakt zu jener spontan überschäumend zum Ausdruck kommenden und unmittelbaren Freude herstellen, die ein Kind ausdrücken kann und die wir alle auch einmal genauso empfunden haben.

Der Ausgangspunkt einer solchen Unterrichtssituation [ist] nicht der …, dass der Lehrer einem etwas beibringen soll, was einem fehlt. Vielmehr unterstützt er dabei, Fähigkeiten auszubauen, die man bereits in sich trägt.

Empathie und Lebensfreude sind eng miteinander verbunden.

Heutzutage [werden] die Kinder schon in den Grundschulklassen in einer Weise und auf verschiedenartigen Wegen mental gesteuert …, wie es noch nie zuvor getan wurde
   …
   Was sie allerdings nicht lernen, ist eine ebenbürtige und tief greifende Kenntnis darüber, wie man einen anderen Menschen versteht. Was es bedeutet, auch wechselnde, also nuancierte Herzensgefühle zu haben. Wie Körpergefühl, Konzentrationsvermögen, Anwesenheit und Nähe und Freundlichkeit miteinander zusammenhängen.

Besonders, wenn man mit Kindern arbeitet und in Kontakt mit ihnen treten will, ist es ganz entscheidend, dass man sich seiner eigenen blinden Flecken bewusst ist, damit sie sich einem nicht in den Weg stellen können.

Jeder gehaltvolle Ansatz zur Selbstentfaltung [ist] ein wichtiger Beitrag für eine bessere Zukunft.

Kinder brauchen keine Anregung zur Selbstentfaltung … Kinder benötigen vielmehr Unterstützung bei ihrem natürlichen Reifeprozess.

Je besser der Kontakt eines Kindes zu sich selbst ist, umso leichter kann es lernen, harmonisch heranwachsen und sich entwickeln.

Es wird versucht und diskutiert, den Schulalltag der Kinder durch höhere Stundenzahlen, frühere Notengebung, häufigere Klassenarbeiten und anderes zu regulieren und zu verändern. Leider hat das alles nur zur Folge, dass die ohnehin schon einseitige Gewichtung auf die mentalen und intellektuellen Fertigkeiten noch verstärkt wird. Und dies, also eine eklatante und fundamentale Schieflage unseres Bildungssystems, obwohl wir uns schon in eine Zukunft aufgemacht haben, die mehr denn je den ganzen Menschen benötigt.

Nur wer sicher in sich selbst ruht, ist in der Lage, zu anderen Menschen ein tiefer gehendes Verhältnis zu entwickeln.
   Solcherart Selbstsicherheit basiert auf einer Reihe angeborener Kompetenzen. Darum hilft man einem Kind nicht dabei, größeren inneren Halt zu entwickeln, indem man ihm immer nur etwas Neues beibringt. Man hilft ihm, indem man es darin unterstützt, dass es nicht verliert, was es doch von Beginn an mitgebracht hat.

Den wenigsten von uns sind die Unterschiede zwischen Abgrenzung und Selbstbehauptung oder die Bereiche der Einfühlung und des „In-sich-selbst-Ruhens“ in unserem Gefühlsregister vertraut. Und wir sind uns nicht bewusst, dass man Herzgefühle üben kann.
   ...
   Wir übersehen auch, dass die Fähigkeiten, die in den theoretischen Fächern geschult werden – logisches Denken, das Gedächtnis, das Konzentrations- und Kombinationsvermögen -, nur ein Bruchteil der Möglichkeiten ausmachen, die das menschliche Bewusstsein zu leisten imstande ist. In unserer Kultur existieren zum Beispiel nur geringe Kenntnisse über die Bedeutung und den Nutzen von Pausen.

Aber die wichtigste, bedeutungsvollste … Möglichkeit ist … Kinder – und auch die Erwachsenen – daran zu erinnern, zu ihrem eigenen inneren Wesenskern vorzudringen, und zwar von mehreren Seiten gleichzeitig, das heißt: sich ganz bei sich selbst, als Ganzheit zu erfahren.

Sprache und Gedanken – die eng miteinander verbunden sind – können uns an viele Orte führen, aber nicht nach innen. Nicht in die Tiefe.

Sprache und Emotionen führen selten nach innen. Allzu oft drehen sie sich im Kreis, führen nirgendwohin, sondern verstärken nur die Gefühle, die wir haben.

Wir benötigen dringend die innere Einkehr, die Selbstbesinnung.

Wie wäre wohl die Stimmung im Parlament, wenn es ein paarmal am Tag im Saal ganz still würde und alle Abgeordneten ihrem Körper, ihrem Bewusstsein und ihrem Herz nachspürten und einem geliebten Menschen einen Gedanken schickten? Was für einen Einfluss würde das auf die Atmosphäre im Raum oder gar die Rechtsprechung [Anm.: Gemeint ist wohl Gesetzgebung] haben? … Fakt ist doch, dass der Ton im Parlament genauso wie die Äußerungen der Politiker in den Medien gefärbt sind von Wut, Beleidigungen, Hohn, Missachtung und Misstrauensbekundungen. Dadurch bildet sich eine Art Schleier, ein emotionaler Smog, der die Orientierung in einer ohnehin komplizierten politischen Wirklichkeit unnötig erschwert.

Wenn du den Respekt und den Kontakt zu dem anderen verlierst, bist du auch auf dem Weg, dich selbst zu verlieren. Unser Einfluss auf andere Menschen hat seinen Ursprung in unserem Inneren. Die Vorstellung einer Tragfähigkeit, die sich nur an äußerlichen, ökonomischen und ökologischen Aspekten orientiert, ist unserer Ansicht nach nicht realistisch. Tragfähigkeit bedeutet, dass etwas mit bestimmten Fähigkeiten getragen wird. Und es sind wir Menschen, die es tragen. Eine solche Haltung erfordert, dass man sich selbst kennt und andere versteht und respektiert. Dass man in der Lage ist, einfühlsam zu leben, zu denken und zu handeln, also empathisch sein kann. Wir müssen endlich erkennen, wie notwendig es ist, unsere Aufmerksamkeit auf das innere Wachstum zu lenken, auf den Zuwachs an Empathie. So wie die Dinge heute stehen, bekommt nach wie vor das äußere Wachstum die gesamte Aufmerksamkeit, obwohl alles darauf hindeutet, dass es auf vielen Gebieten seinen Höhepunkt bereits erreicht hat. Das innere Wachstum ist in vielerlei Hinsicht genauso konkret und kann ebenso präzise formuliert werden wie das äußere Wachstum. Und es kann – wie auch das äußere Wachstum – in die Wege geleitet werden. Man ist nicht gezwungen, zu einer Gottheit zu beten und dann abzuwarten. Man kann das Verständnis für sich selbst und andere und somit die Fähigkeit, angemessener auf sich und seine Umwelt zu reagieren, so exakt trainieren wie alle Disziplinen oder Fächer, die unseren Körper trainieren. Erfahrungen mit Kindern zeigen, dass sie eine besondere Offenheit und Bereitschaft zum Verständnis mitbringen. Empathie und Zusammengehörigkeitsgefühl entwickeln sich nicht mithilfe von Bestrafungen! Die meisten europäischen Kinder sind heutzutage extrem von äußeren Reizen abhängig, die sie gestresst, selbstgefällig, nervös und unkonzentriert machen. Auch uns, den Erwachsenen, ergeht es so. Was unsere Existenz bestimmt, ist, dass wir entweder die Verantwortung für unsere Entscheidungen selbst übernehmen oder zum Opfer der Entscheidungen anderer werden. Mittlerweile haben wir die Möglichkeiten und die notwendigen Erkenntnisse, um Kindern zu helfen, den Kontakt zu sich selbst zu bewahren, sich selbst zu erkennen und ihre einzigartige Existenz und ihre Verbundenheit zu anderen Menschen zu erfahren. Damit sie einen inneren Dialog von hoher Qualität führen können und ins Gleichgewicht finden – zugunsten ihres Körpers, zugunsten ihres Kopfes und zugunsten ihres Lernvermögens. Damit sie eine soziale Kompetenz entwickeln, die von innen kommt und die man nicht ablegen kann, wenn man auf dem Nachhauseweg von der Schule ist. Wenn wir den Kindern diese Hilfe zukommen lassen, dann unterstützen wir sie bei der Entwicklung von Empathie. Für uns hat die Empathie eine ebenso überzeugende Veränderungskraft wie eine solide Währung oder wie Edelmetalle. Ja, in gewisser Hinsicht ist sie sogar wertvoller, weil die menschliche Fähigkeit, einander zu verstehen, zwar den politischen Beschlüssen, den wirtschaftlichen Transaktionen und den gesellschaftlichen Entscheidungen unterworfen ist, aber eben auch die Grundlage dieser Vorgänge darstellt. Wir glauben daran: In naher Zukunft werden alle erkennen, dass die Empathie die härteste und wichtigste Währung von allen ist. Die globale Menge dieses Reichtums, sozusagen die Goldreserven des menschlichen Einfühlungsvermögens, besteht aus der Anzahl von Menschen – Kindern und Erwachsenen –, die im Kontakt zu sich und dadurch zu anderen stehen. Ruht ein Kind nicht in sich selbst, so wird es immer wieder von dem, was in ihm als Ganzes vorgeht, seinem inneren Wesenskern, weggelockt - dabei ist dies der einzige Ort, von dem aus das Kind andere verstehen kann. Wenn man … das Herz in einer Entscheidungssituation mitsprechen lässt – während man sich gleichzeitig die Situation so klar wie möglich vor Augen führt – wird der Prozess gehaltvoller, wahrhaftiger und klarer. Wenn man in seinem Herzen verankert ist, führt das zu einer Erweiterung und Nuancierung unserer Wirklichkeit. Man muss sich … trauen, Pausen zu entdecken. Vor allem, weil sie so unbekannt sind … Wenn wir endlich eine Pause haben, in erster Linie nachts, dann schlafen wir. Die unbekannten Zwischenräume, die wachen Pausen, die kennen wir kaum. Dann erinnert man sich daran, dass Pausen weder eine Verschwendung noch eine Flucht sind, sondern Regeneration bedeuten. Man nimmt sie auch nicht aus egoistischen Gründen wahr, sondern in dem Wissen, dass Pausen auf Dauer die Voraussetzung dafür schaffen, für andere da zu sein.

In der Vertiefung in sich selbst vertieft man gleichzeitig auch die Zusammengehörigkeit, die Verbindung zu anderen. Das ist die Essenz des Empathietrainings.

Kontakt zu unserem inneren Fundament ... nur von dort können wir die Welt nachhaltig verbessern. Je mehr wir uns in uns vertiefen, desto besser können wir uns dem zuwenden, was außerhalb von uns geschieht.

Weiterführend:
Vom Gehorsam zur Verantwortung - Für eine neue Erziehungskultur
(Jesper Juul und Helle Jensen)

Zwei Filme:
Die 9. Intelligenz - die Intelligenz des Herzens
Achtsamkeit und Empathie in der Schule

Empathie - die Intelligenz des Herzens 

 

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Durch deine Augen

So ist diese Welt auch. Sie ist nicht nur Krieg und Gier und Ausrottung der Arten. Sie besteht auch aus Ketten von Menschen, die aufeinander aufpassen.

"Traumata sind nichts, was irgendwann einmal geschah. Sie sind etwas, das wir festhalten, jetzt, jede Sekunde." (Lisa)

"Unsere Welt ist ein Strom, der sich fünfhundert Jahre lang nach außen bewegt hat. Jeder Schritt nach innen ist ein Schritt gegen den Strom." (Lisa)

Atemzüge bilden das feine Netz, das alle Lebensereignisse verbindet.

"Bei einer Umarmung muss man, einem bestimmten Maß an Vertrauen oder Hingabe entsprechend, die Kontrolle aufgeben, die im Blick liegt." (Lisa)

"Mitunter streben Menschen nach dem Tod, um würdigen zu können, dass sie leben." (Lisa)

"Die Vergangenheit gibt es nicht", sagte sie. "Es gibt Spuren. Darüber konstruieren wir eine Erzählung. Die immer etwas künstlich Geschaffenes ist."

"Wir waren erst sechs Jahre alt. In dem Alter kann man Erwachsene noch nicht so richtig entschlüsseln. Aber wir merkten alle drei, dass die Erwachsenen, die beiden Frauen, erkannten, dass zwischen uns Kindern irgendetwas vor sich ging. Etwas Kostbares, das beschützt werden musste. Das merkten wir: Dass wir in diesem Augenblick kurz davorstanden, von zwei Erwachsenen verstanden zu werden." (Ich)

Ich versuchte, nach innen zu sehen. Über meine Kindheit hinauszusehen. Mir war unbehaglich zumute, weil ich gegen den Strom anging.

"Leiden und Unbewusstheit hängen zusammen." (Lisa)

In einer Liebesbeziehung gibt es keine Scheidung. Man kann, durch Umstände, die nicht der eigenen Kontrolle unterliegen, genötigt sein auseinanderzugehen, aber geschieden werden kann man nicht. Das ist das Fatale an der Liebe. In ihrem Kern ist sie eine Verbindung, die Zeit und Ort überschreitet.

Da entschloss ich mich, die Stille kennenzulernen.
   Ich war ein Anfänger. Bin ich immer noch. Da im Kindergarten, als ich darauf wartete, dass meine Kleine ihr Spiel mit ihrer Freundin beendete, war ich ein Anfänger in Sachen Stille.

Einerlei wie gut eine Scheidung zu verlaufen und zu enden scheint - die Kinder haben die Vergiftung der Atmosphäre erlebt, die dem Ende einer Liebesbeziehung stets vorausgeht. Und haben die Zerlegung ihres Universums erfahren.

Kinder können eine Farbe geradezu trinken.

"Wir begegnen anderen in uns selbst." (Lisa)

"Schmerz plus Widerstand wird zu Leiden." (Lisa)

"Antworten verschließen die Wirklichkeit. Fragen öffnen sie." (Lisa)

Vielleicht kann ein Mensch so offen sein, dass sich nichts in ihm festbeißen kann, alles geht einfach durch ihn hindurch, sogar die Angst.

In einem winzigen Augenblick, den zu erreichen, vielleicht besonders für Männer schwierig ist, sahen wir einander mit dem Herzen.

An Buchrücken und Bildflächen gewöhnen wir uns so sehr, dass wir schließlich gar nicht mehr darauf achten und gewissermaßen in sie hineinschlummern. Vor dem Schlaf der Gewohnheit habe ich mich immer gefürchtet.

"Man hat keine Wahl. Die großen Dinge im Dasein kann man sich nicht aussuchen. Man kann nur versuchen, ihnen zu helfen stattzufinden." (Lisa)

Die Stille bestand nicht nur aus der Abwesenheit von Geräuschen, sie ging tiefer, sie umfasste auch die Gebäude. Es ruhte die ganze Gegend.

Langsam kam sie auf mich zu. Ihre Kraft war derartig stark, dass ich fühlte,  wie sich bei mir Adrenalin freisetzte. Als stünde ich vor einer physischen Bedrohung.

Eine Mahlzeit ist nicht nur lebensspendend, sie erinnert auch an den Tod. Daran, dass der Körper ständig abgebaut und wieder aufgebaut wird. Sie erinnert daran, dass wir, wenn die Nahrung ausbleibt, sterben werden.

Kinder können es am Rücken eines Menschen sehen, ob er Sorgen hat. Und an Fräulein Jonnas Rücken war es besonders deutlich.

Für Kinder ist das Außergewöhnliche nichts Beunruhigendes. Es ist das Normale. Für Kinder ist die Welt immer außergewöhnlich.

In dem Augenblick trat die Eifersucht in mein Leben. Das überwältigende Gefühl der Ohnmacht und Wertlosigkeit, das sich einfindet, wenn der, den man liebt, jemand anderen liebt.

Wir glauben nicht, dass Kinder lieben können. Wir glauben, ihre Gefühle seien flirrender, zarter, weniger körperlich verankert.
   Wir irren. Kinder können mit überwältigender physischer Heftigkeit lieben.

Wir waren in seinen Träumen. Allerdings in einem der Träume, die die Menschen am Tage träumen und die fast keiner hört, weil die Wachheit des Tages so intensiv ist. So wie wir am Tag nicht die Sterne sehen, weil das Licht der Sonne sie überstrahlt.

Ich fühlte mich so stark wie noch nie. Ich wurde von einer Kraft durchströmt, die vielleicht nur entstehen kann, wenn man sich selbst überwunden hat.

"Auch das Dunkel ... Selbst das schwärzeste Dunkel, selbst das, was völlig außerhalb unserer Kontrolle zu liegen scheint, konstruieren wir selbst." (Lisa)

Für Kinder ist die Wahrheit oft eine Erleichterung.

Wenn es keinen Grund zum Lächeln gibt, lacht nur derjenige, der aufgegeben hat.

"Wer von uns weiß schon, ob es richtiger ist, dass ein Mensch lebt oder stirbt?" (Die Bestatterin)

So ist diese Welt auch. Sie ist nicht nur Jugendwahn und Todesverneinung und ein Verhalten, als würden wir ewig leben.

In uns allen ist nicht eine, sondern sind viele Personen.

Schon oft habe ich gedacht, dass ich mich in der Gesellschaft von Kindern am wohlsten fühle. Kinder fordern meine Grenzen nicht heraus. Kinder haben eine Sanftheit an sich, eine Weite.

Von dieser Rampe aus ließen wir, sie und die Mädchen und ich, die Sprache los. Und dann gab es Kontakt. Eine Verbindung auf der anderen Seite der Wörter.

"Einem Menschen zu begegnen ist etwas anderes, als ihn zu verstehen." (Lisa)

"Jeder Mensch hat, wenn ihm die Gewalt nicht eingetrichtert wurde, einen natürlichen Widerwillen dagegen, anderen zu schaden. Wir werden nicht zur Gewalt geboren. Wir müssen sie lernen." (Lisa)

Der Schleier zwischen den Menschen ist das Ungesagte.

Verständnis und Sinn sind Flaschenhälse, Verengungen, und zuweilen ist die Wirklichkeit zu groß, um durch so eine Verengung schlüpfen zu können.

In uns war auch etwas anderes, in allen Menschen ist etwas anderes, das viel älter ist, vielleicht ohne Zeit ist, und in andere Aspekte der Wirklichkeit blicken kann.

 

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© Hubert Hirsch - Poetische Tagträume

 

Zum Wegweiser auf der kosmischen Reise

 

Yin-Yang